Coop und Co. rüsten Läden mit elektronischen Schranken auf
Wo früher Läden frei zugänglich waren, stehen nun Schranken oder Scheiben, zum Beispiel bei Coop. Läden besinnen sich auf gelenkte Ein- und Ausgänge zurück.

Das Wichtigste in Kürze
- Diebstähle in Läden nehmen zu.
- Schranken beim Eingang sind bei Detailhändlern deshalb immer öfter zu sehen.
- Sie erschweren spontane Diebstähle. Dienen aber auch der Kundenlenkung.
Self-Scanning und organisierte Banden: Ladendiebstähle haben in der Schweiz seit der Corona-Pandemie stark zugenommen.
So soll es im vergangenen Jahr gemäss Polizeistatistik zu fast 26'000 Fällen gekommen sein. 2014 lag diese Zahl noch bei rund 15'600. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.
Nicht verwunderlich, haben Läden schweizweit und international die Tendenz, sich wieder mehr «abzuriegeln».
Konsumforscher Christian Fichter sagt dazu: «Nach einer langen Phase, in der Offenheit und freie Zugänglichkeit im Ladenbau im Vordergrund standen, beobachte ich derzeit eine Rückbesinnung auf stärker kontrollierte und gelenkte Ein- und Ausgänge.»
Dies ist kürzlich mehreren Nau.ch-Lesern aufgefallen. So wurde etwa die Filiale von Coop in Egerkingen SO beim Eingang mit elektronischen Schranken und Scheiben ausgerüstet.
Genauso wie die Filiale von Coop im Einkaufszentrum Fribourg-Centre in Freiburg. Auch diese war vorher beim Gemüse- und Früchtebereich stets frei zugänglich. Jetzt nicht mehr.
Lidl: «Warenverlust vermeiden»
Coop bestätigt auf Anfrage lediglich, dass der Eingang diverser Filialen mit elektronischen Schranken und Scheiben ausgerüstet wird. Und erklärt: «Die Sicherheitsvorkehrungen werden bei Coop kontinuierlich analysiert und bei Bedarf weiterentwickelt.»
Zu sicherheitsrelevanten Aspekten würden aber keine weiteren Details kommuniziert.
Lidl Schweiz erklärt auf Anfrage, dass solche Schranken seit einigen Jahren zum Standardkonzept gehören würden. «Während früher mechanische Schwenkarme aus Metall zum Einsatz kamen, setzen wir heute auf elektronische Gates», so Mediensprecherin Nicole Graf.
Die Schranken würden eine physische Abgrenzung zwischen Ein- beziehungsweise Ausgang und Warenbereich bilden und helfen, «unter anderem Warenverluste zu vermeiden.»
Bei der Migros sind vereinzelt auch Schranken beim Ausgang im Einsatz. Diese lassen sich dann teils nur mit dem Kassenzettel öffnen.
Handgemenge mit Personal
Hauptgrund für die elektronischen Schranken bei den Detailhändlern ist gemäss Fichter die Diebstahlprävention. Denn Gelegenheit macht bekanntlich Diebe. Und Schranken würden dem entgegenwirken.
«Sie erschweren spontane Diebstähle und vermitteln das Gefühl von Kontrolle», erklärt der Sozial- und Wirtschaftspsychologe an der Fachhochschule Kalaidos.

Er habe in den letzten Jahren mehrmals beobachtet, wie Personen versuchten, ohne zu bezahlen den Laden zu verlassen. In mehreren Fällen sei es sogar zu einem Handgemenge mit dem Sicherheitspersonal gekommen. «Ich nehme an, dass solche Vorfälle bei der Entscheidung für Schranken durchaus eine Rolle spielen.»
Doch es gehe nicht nur um Diebstahlprävention, so Fichter. Sondern auch um «gezielte Kundenlenkung». Wer beim Betreten des Geschäfts zuerst an frischen, farblich ansprechenden Produkten wie Früchten und Gemüse vorbeigeleitet werde, reagiere emotional. «Solche Reize erhöhen die Kaufbereitschaft.»
Hürde für Spontan-Einkäufe
Auch sei es so, dass allzu offene, unstrukturierte Verkaufsflächen die Kunden orientierungslos machen und verunsichern würden.
Folglich würden manche Kundinnen und Kunden die neue Ordnung als angenehm empfinden. «Weil sie Sicherheit und Übersichtlichkeit vermittelt.»
Andere hingegen würden die Schranken als Barriere oder als Ausdruck von Misstrauen verstehen.
Mit durchaus negativen Folgen für die Grossverteiler, wie Christian Fichter ausführt: «Vor allem für spontane Einkäufe – etwa wenn man nur rasch ein Joghurt holen will – können solche Systeme eine psychologische Hürde darstellen und die Niedrigschwelligkeit des Einkaufs beeinträchtigen.»